Günther Dankl
Es gehört bereits zur Tradition des RLB Kunstpreises, dass mit ihm eine Ausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum verbunden ist. Hauptpreisträger der Auslobung 2012 ist Christoph Raitmayr. Ihm war bereits 2005 der Förderpreis für zeitgenössische Kunst des Landes Tirol zuerkannt worden.
In seiner Ausstellung im Ferdinandeum zeigt der Künstler unter dem Titel
Christoph Raitmayr hat sein Studium bei Bruno Gironcoli absolviert. Er ist damit von seiner Ausbildung her Bildhauer. Und als solcher schafft er minimalistische Skulpturen, in denen sich das vordergründig angelegte Modellhafte und die damit verbundene Verniedlichung letztendlich zu einem weitreichenden Geflecht von Assoziationen und Verweisen verdichten. Die Vorbilder für seine Architekturmodelle entnimmt der Künstler einschlägigen Publikationen. Der Bogen der Vorlagen dafür reicht von amerikanischer Kolonialarchitektur bis hin zu Entwürfen für die Werkbundsiedlung Wien 1932 oder dem bekannten niederländischen Architekten und Designer Gerrit Rietveld. Einzeln auf Sockeln aus Karton oder in Gruppen auf farbigen Holzsockeln arrangiert, bringt Raitmayr diese mit aus dem Internet entnommenen Fotografien von Wolken, Wellen, Bäumen, Küsten und Seelandschaften, Reproduktionen von Kunstwerken oder gegenständlichen Accessoires in Beziehung. Raitmayr nimmt damit den Häusern ihre Modellhaftigkeit und Singularität und transformiert sie gleichsam zu Porträts persönlicher wie kollektiver Entwürfe.
Unterstrichen wird diese Porträthaftigkeit vor allem auch durch die Tatsache, dass der Künstler oftmals nur die dem Betrachter zugewandte Schauseite der Modelle mit architektonischen Details, wie Fenstern, Türen oder Balkonen versieht. Er verleiht den Architekturen damit gleichsam Gesichter, die den Betrachter dazu einladen, die Inhalte der beigestellten Accessoires mit dem Innenleben der einzelnen Häuser oder mit der gesamten Ansiedlung in Verbindung zu bringen. Raitmayr kehrt damit den Titel der Ausstellung
Ähnlich stringent wie in den Skulpturen verfährt Raitmayr auch in den Zeichnungen, die er hier erstmals zur Ausstellung bringt. Von mehr oder weniger bekannten architektonischen Vorbildern ausgehend, die er zumeist dem Führer „Österreichische Architektur des 20. Jahrhunderts, Bd. 1: Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg“ (Salzburg/Wien 1980) von Friedrich Achleitner entnommen hat, zerstört oder verfremdet er die in präzisen Linien zumeist in verkleinerter Form mittig gesetzten Zitate, setzt neue Architekturteile, wie Treppen oder Balkone dazu oder lässt Hirschgeweihe oder Bäume aus ihnen entwachsen. Hier wie dort belegt der Künstler die Architekturvorbilder mit neuen Inhalten oder öffnet neue Räume und Betrachtungsweisen, gleichsam als ob er diese gerade durch die Verfremdung einer ironisch-kritischen bis stark persönlich aufgeladenen Überprüfung unterziehen möchte. Damit öffnet Raitmayr einen weitreichenden „Assoziationsbogen“ (Carola Kraus), der bekannte Wahrnehmungsmuster ebenso hinterfragt wie neue Interpretationsweisen befragt.